Brechen wir eine Lanze fürs Auto, für Basel und die Region. Ein Plädoyer von Daniel Seiler, FDP-Grossrat und Geschäftsführer vom ACS beider Basel.
Dem Automobil bläst in der Stadt Basel ein starker politischer Wind entgegen. Der Rheintunnel, projektiert auch als Entlastungsprojekt für das Zentrum der Stadt, wurde vom Stimmvolk im Stadtkanton klar abgelehnt. Die Bedenken im Zusammenhang mit den erwarteten jahrelangen Baustellen haben scheinbar mehr gewirkt, als die vom Bundesamt für Strassen erstellten Studien, die von Verkehrsentlastungen wichtiger Strassen im Zentrum um bis zu 20 Prozent ausgingen. Auch konnte scheinbar die Entlastung, die der Bau der Nordtangente beidseits vom Rhein nachweislich brachte, nicht als Referenz überzeugen.

Ich bin auch heute noch über das Abstimmungsergebnis enttäuscht. Nicht nur, weil damit der Stau auf der Autobahn bestehen bleibt und der Ausweichverkehr in die Quartiere nicht abnimmt. Sondern auch, weil für die Basler Bevölkerung eine greifbare Alternative fehlt. Gerade eben wurde bekannt, dass das Herzstück mit der unterirdischen Rheinverbindung der SBB frühestens im Jahr 2080 fertiggestellt sein kann. Und es ist noch nicht klar, ob die geschätzten 14 Milliarden dafür überhaupt von Bern gesprochen werden.
Das Auto als Reizobjekt
Warum aber hat es das Auto in Basel so schwer? Würde die Realisation des Herzstücks in Basel nicht genau so viel oder noch mehr Baustellen innerhalb der Stadt zur Folge haben? Aktuell redet man davon, die Eisenbahnlinie vom Bahnhof SBB in Richtung St. Johann von zwei Spuren auf fünf Spuren auszubauen. Ich habe diesbezüglich noch keine Opposition vernommen. Ich frage mich deshalb schon: Warum reizt das Auto die Politik stärker als die Eisenbahn?
Weniger Verkehr – mehr Bewegungsfreiheit
Björn Slavik plädiert für weniger Autoverkehr und mehr Bewegungsfreiheit.
Einen Grund verorte ich darin, dass seit Jahren das politische Narrativ verbreitet wird, dass man in Basel-Stadt keine Autos braucht und leicht darauf verzichten kann. In den vergangenen Jahren wurden tausende Parkplätze in der Stadt abgebaut, und wenn man diesen Abbau kritisiert, wird man als kleinlich hingestellt. Auch wird immer wieder betont, dass in Basel fast niemand mehr Auto fährt. Neustes Beispiel ist der Versuch der Regierung, die Autofahrer mit einer Prämie in Höhe von 1’500 Franken dazu zu bewegen, auf das Auto zu verzichten und dieses abzugeben. Vergleichbar mit Erziehungsmassnahmen Jugendlicher. Aber die Autofahrer sind weder Kinder noch Jugendliche und brauchen solche Massnahmen nicht. Die Allermeisten fahren nicht zum Spass mit dem Auto, sondern weil sie darauf angewiesen sind.
Realität wird ausgeblendet
Man blendet dabei aus, dass der Motorfahrzeugbestand in Basel-Stadt trotz der jahrzehntelangen Anti-Autopolitik nicht abgenommen, sondern in den vergangenen Jahren leicht zugenommen hat. Im Jahr 2024 gab es gemäss Statistischem Amt im Kanton 82’423 Motorfahrzeuge. Diese Zahlen werden nicht thematisiert. Man macht im Kanton zwar viele (zu viele?) Studien und publiziert dann aber nur die Themen, die zum Narrativ passen. Oder Anfang April im Städtebericht Basel. Dort wurde der Mangel an Parkplätzen für Personenwagen als die grösste Beeinträchtigung, die durch die Auswirkungen des Verkehrs wahrgenommen wurde, aufgeführt. Dies deutlich vor der Lärmbelastung. Das Ganze stand in einem Nebensatz.
Arbeitspendler und Besucher nicht vergessen
Bei der Verkehrsdiskussion geht oft vergessen, dass wir in der Stadt Basel wichtige Zentrumsfunktionen für die ganze Region haben. Wir haben grosse Pläne für den Ausbau des Unispitals, und auch der Neubau des Uni-Departements Biomedizin bietet in Zukunft viele zusätzliche Arbeitsplätze. Viele dieser neuen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden ihren Wohnsitz nicht in Basel haben. Täglich kommen zehntausende Pendler nach Basel zur Arbeit. (Im Jahr 2022 pendelten rund 91’000 Personen nach Basel-Stadt.) Viele dieser Pendler wohnen im Elsass und im Badischen und haben keinen gut ausgebauten öffentlichen Verkehr mit Taktfahrplan wie Basel und das Baselbiet. Dass diese Pendlerinnen und Pendler, die z. B. im Unispital in der Pflege oder in der Pharma oft auch Teilzeit- und Schichtarbeit leisten, geht vergessen. Diese Menschen sind auf das Auto angewiesen und können nicht einfach darauf verzichten.

Denken wir in Zukunft an unsere Pendler und die Besucher der Stadt und vergessen wir auch nicht die Bewohner, die auf das Auto angewiesen sind, wenn wir wieder ein paar dutzend Parkplätze ersatzlos streichen. Für ein Miteinander im Verkehr.Text
Text und Bilde: Daniel Seiler