
Zum 75-jährigen Jubiläum von «Familea» wirft der Dorfverein Pro Kleinhüningen einen Blick auf die wichtige Rolle dieser Institution im Quartier.
Als engagierter Quartierverein liegen uns die Kinderbetreuung und familienunterstützenden Angebote besonders am Herzen. Wir setzen uns aktiv für ein lebendiges, kindgerechtes Kleinhüningen ein. Im Rahmen dieses Jubiläums haben wir ein Interview mit Marie-Theres Straub geführt. Sie war 40 Jahre für die Kita tätig, davon etwa 30 Jahre als Leiterin. Das Gespräch unterstreicht die Bedeutung von frühkindlicher Förderung und gemeinschaftlichem Engagement im Quartier. Es zeigt, wie wichtig Institutionen wie «Familea» für ein starkes Miteinander sind.
mozaik: Wann haben Sie mit der Arbeit in der Kita begonnen und wie haben Sie die Kita damals wahrgenommen?
Marie-Theres Straub: Ich begann am 1. Mai 1975 als Erzieherin im Tagesheim Kleinhüningen. Damals war die Kita zweigeteilt: links das Tagesheim für Schulkinder, rechts die Krippe. Die Krippe wurde von Schwester Marie, einer Kinderkrankenschwester, geleitet – das Tagesheim von Sozialpädagogin Elisabeth Faller. Die Bereiche waren strikt getrennt. In der Krippe herrschte strenge Hygiene. Eltern durften die Räume beim Bringen/Abholen nicht betreten.
Im Tagesheim betreuten wir Kinder im Alter von sechs bis 15 Jahren. Die Mahlzeiten wurden im Tagesheim gemeinsam mit den Kindern eingenommen, in der Krippe ass das Personal separat. Es gab regelmässige Arztbesuche in der Krippe. Im Haupthaus befanden sich Büro-, Wirtschafts- und Personalräume. Die Kindergruppen waren in den Holzanbauten untergebracht.
Wie hat sich die Kita im Laufe Ihrer Karriere verändert?
Mit der Pensionierung von Schwester Marie übernahm Faller auch die Krippenleitung – erste Veränderungen setzten ein. Es entstand mehr Austausch zwischen den Teams. Wir übernahmen gemeinsame Aufgaben. Erste Beratungen zu pädagogischen Themen fanden statt.
Nach Fallers Pensionierung wurde das Haupthaus zur Kinderzone umgebaut. Ich erhielt neue Räume im Obergeschoss. Die erste Gruppenumstrukturierung unter Roland Kiefer brachte altersgemischte Gruppen (3 bis 14 Jahre). Am 1. Januar 1995 übernahm ich die Kitaleitung. Die Kinderanzahl stieg, und eine weitere Umstrukturierung war nötig: nun gab es eine Schülergruppe, zwei Vorschulgruppen und eine für Kinder von drei Monaten bis drei Jahren. Der Garten war stets zentral – wir pflanzten Gemüse, führten Kompostierung ein und erhielten Bäume von der Stadtgärtnerei. Auch Spielgeräte wurden regelmässig angepasst. Wir beteiligten uns an Projekten wie «Schnitz und drunter», «Purzelbaumkita» oder «Sprachförderung».
Welchen Stellenwert hatte die Kita im Quartier?
Die Kita war von Anfang an eine wichtige Anlaufstelle für berufstätige Eltern im Quartier. Die Kinder konnten Schule und Kindergarten in der Nähe besuchen. Dank des grossen Gartens und der Räume waren wir sehr gefragt – lange Zeit waren wir die einzige Kita im Quartier. Wegen der Hinterhoflage war die Kita von aussen kaum sichtbar. Das Verhältnis zur Nachbarschaft war stets gut.
Welche Familien nutzten das Angebot und wie veränderte sich das?
Anfangs war die Betreuung berufstätigen Eltern vorbehalten – vor allem alleinerziehenden Müttern und Familien von Fremdarbeitern. Später nahm die Zahl fremdsprachiger Kinder stark zu – bis zu 25 Nationalitäten gleichzeitig. Neben regulärer Betreuung unterstützten wir die Deutschförderung, Frühförderung bei Entwicklungsverzögerungen und entlasteten einzelne Elternteile.
Wie haben Sie Ihre Rolle als Kitaleiterin verstanden?
Ich war Ansprechpartnerin für alle Fragen meiner Mitarbeitenden, förderte jede Einzelne und bezog das Team bei Veränderungen ein. Regeln und Werte wurden gemeinsam erarbeitet. Mir war wichtig, pädagogisch und organisatorisch stets am Puls der Zeit zu bleiben. Die Ausbildung der Lernenden war mir ein zentrales Anliegen. Meine Rolle als Expertin unterstützte mich darin.
Welche pädagogischen Schwerpunkte setzten Sie?
Das Kind als eigenständige Persönlichkeit stand für mich im Zentrum. Ich wollte jedem Kind Raum zur Entwicklung geben, klare Strukturen und Regeln schaffen. Auch Kinder mit Beeinträchtigungen hatten bei uns ihren Platz. Ein abwechslungsreicher Alltag mit vielfältigen Angeboten war mir wichtig, auch wenn das bei steigenden Kinderzahlen herausfordernd war.
***
Als Dorfverein Pro Kleinhüningen werden wir uns auch weiterhin mit Herzblut dafür einsetzen, dass Kinder in unserem Stadtteil in einem unterstützenden, vielfältigen und liebevollen Umfeld aufwachsen können.
Gemeinsam mit Partnern wie «Familea» wollen wir die Zukunft unseres Quartiers aktiv mitgestalten – für eine starke Gemeinschaft und für die Generationen von morgen.
Interview: Dunja Stäheli und Christian Döbeli
