Man muss einfach vorsichtiger sein… 

«Dann schiebt er mich in die Wohnung hinein und wirft mich auf den Boden.» Unsere Mitarbeiterin Edith Schweizer-Völker erzählt, wie sie überfallen wurde. Benno Gassmann hat mit ihr gesprochen.

Edith Schweizer-Völker (Foto: Benno Gassmann)

Edith Schweizer-Völker, auch Gründungsmitglied des mozaik, wurde im vergangenen Januar in ihrer Wohnung überfallen. Die ehemalige BaZ-Journalistin findet es sinnvoll, darüber auch im mozaik zu berichten. 

Etliche Medien haben ja damals über dein Erlebnis berichtet. Was war dein Motiv, an die Öffentlichkeit zu gehen?

Das wollte ich gar nicht. Ich habe zwar nach dem Überfall allen meinen Bekannten mitgeteilt, was passiert ist. Auch um sie zu warnen. An die Medien bin ich aber nicht gegangen. Es gab dann ein zufälliges Treffen der früheren Dreiland-Redaktion. Da habe ich natürlich meine Story erzählt. Peter Schenk sagte darauf: «Bei mir hat eine Bekannte neulich drei Männer im Schlafzimmer vorgefunden, hier am Bläsiring.» Franziska Lauer, die noch bei der BaZ arbeitet, meinte: «Ich mache etwas darüber!» Sie fand, man sollte bekannt machen, dass so etwas passieren könne. Es gab unglaublich viele Rückmeldungen. Das hat mich auf die Idee gebracht, im mozaik darüber zu schreiben. Wenn etwas persönlich ist, spricht es die Leute an.In welche Richtung gingen denn diese Rückmeldungen?

Ich habe erfahren: Solches kommt in allen Quartieren vor. Vor allem Diebstähle sind sehr verbreitet. Am Schaffhauser Rheinweg, ein sogenannt vornehmes Quartier, jede Menge Einbrüche. Auch am Spalenberg, im Bachletten. Ich dachte ich, es sei gut, darauf aufmerksam zu machen und zur Vorsicht zu mahnen.

Magst du nochmals dein Erleben erzählen?

Gewiss! Nichtsahnend bin ich um elf Uhr morgens vom Einkaufen heim gekommen, hatte mein Rucksäcklein mit Gemüse und Obst auf dem Rücken. Ich habe niemanden gesehen auf der Strasse. Aber der Typ muss mich am Briefkasten gesichtet haben. Er kam dann mit mir durch den Garten. Ich dachte, das sei einer der Handwerker. Er sprach badischen Dialekt. Ich war überhaupt nicht misstrauisch, weil oben im Haus renoviert wurde. Darum habe ich ihn durch die Tür hineingehen lassen. Es war ein 1.90 Meter grosser, fester Mann. Ich öffne also die Tür, gehe die Treppe hoch. Und als ich oben ankomme und meine Wohnungstür öffne, drängt er in meine Tür hinein. Ich drehe mich um. Dann schiebt er mich in die Wohnung hinein und wirft mich auf den Boden. Zum Glück ist nichts passiert. Ich hätte ja den Kopf oder die Schulter an der Tischkante anschlagen können. 

Ich hatte noch Mantel und Rucksäckli an und bin so da gelegen. Ich wollte mich aufrichten, aber das hat er mir verboten und gedroht, ich solle liegen bleiben. Ich überlegte: Will er Geld? Ich hatte 10 Franken im Mantelsack. Das gab ich ihm. Ich lag also so da und er öffnete den Rucksack und suchte. Er sah, dass ich ein Bauchtäschli hatte und öffnete dessen Reissverschluss. Er sah die Kärtchen, warf sie auf das Sofa, um sie zu prüfen. Die UBS-Karte nahm er an sich. Ich dachte, nanu, jetzt ist es vielleicht passiert. Dann öffnete und durchsuchte er alle Schubladen. Ich denke, das war kein Profi, sonst hätte er alles rausgeschmissen, um zu suchen. Aber er hat einfach gewühlt. Er fand nichts, ging dann noch durch die Wohnung. Ich musste liegenbleiben und hatte keine Ahnung, was weiter passieren würde. Sollte ich rufen? Doch ich wusste, mein Nachbar ist nicht zu Hause. Dann sah er mein Festnetztelefon auf dem Tisch und nahm es zu sich. Ich dachte: Was macht der jetzt damit? Er stellte es auf einen hohen Schrank, damit ich selber nicht mehr rankommen konnte. Dann ging er. Und ich liess die Polizei kommen. 

Konntest du das Telefon wieder runterholen?

Nein, konnte ich nicht. Es war zu hoch oben. Aber ich habe noch ein zweites Telefon. 
Es kamen vier Polizisten. Einer davon war zuständig für den körperlichen Zustand. Er untersuchte mich und sagte: „Sie bluten ja da am Hinterkopf. Sie müssen heute noch zum Arzt. Das habe ich dann gemacht. 

Was hat das Erlebte mit dir gemacht?

Erst nach zwei Tagen habe ich plötzlich zu zittern angefangen. Davor war ich in einer Schockstarre. Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. Ich hatte das Gefühl, der Überfall dauere eine halbe Stunde. Wahrscheinlich waren es nur fünf Minuten. Das erscheint einem wahnsinnig lang, wenn man so hilflos daliegt. Dass ich verletzt war, habe ich nicht gemerkt. Zwei Tage lang habe ich gar nichts gespürt, keine Schmerzen.

Hast du jetzt mehr Angst?

Irgendwie rechne ich immer mal wieder mit so was! Ich bin schon einmal, als ich am Schaffhauser Rheinweg wohnte, angefallen worden. Das war nachts, im Dunkeln. Der Typ hat mir das Messer an den Kopf gehalten. Da getraute ich mich wirklich sechs Wochen lang nachts nur noch sehr ungern aus dem Haus. Mit einer Waffe, das ist schon noch schlimmer. Aber jetzt bin ich nicht so verängstigt. Jedenfalls hatte ich keine Albträume. 

Wir müssen uns halt auch bewusst machen: Die Globalisierung ist bei uns angekommen. 

Menschen aus der ganzen Welt kommen zu uns. Mir macht das Fremde keine Angst, im Gegenteil, ich habe es immer gesucht! Aber viele, die kommen, haben kein Geld. Dann gibt es Diebstähle. Derjenige, der bei mir war, könnte ein Arbeitsloser gewesen sein aus dem Badischen, der mit dem Tram hierher gelangt ist. 

Was möchtest du den Leserinnen und Lesern noch sagen?

Man muss einfach vorsichtig und misstrauisch sein! Um der Sicherheit willen. Wir haben doch früher nicht alle Türen abgeschlossen. Aber das muss man jetzt einfach!

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