Öffentlich verharmlosen die Basler Behörden die Altlastenrisiken im Klybeck. Intern riet die Verwaltung dem Regierungsrat von einem Kauf des Areals ab. Wegen des unschätzbaren Sanierungsrisikos. Altlasten-Experte Martin Forter warnt unterdessen vor neuem Unheil: Giftstoffe, die aus dem Boden in alte und neue Gebäude dringen.
Die “Rundschau” des Schweizer Fernsehens berichtete am Mittwoch (18.09.2024) über das schleppende Vorankommen der Umnutzung des Klybeckareals. Dieses gehört dem Versicherungskonzern Swiss Life und der “Rhystadt”, hinter der Pensionskassen stecken. Besonders “Rhystadt” schiebt gern den Behörden die Schuld in die Schuhe. Tatsächlich liegt die Ursache wohl im Areal selber: Das Ausmass der Altlasten ist grösser als bisher angenommen; die Sanierung aufwändiger und zeitraubender als kalkuliert.
Am Mittwoch machte Martin Forter auf ein neues Problem aufmerksam: Im Klybeck drohen Schadstoffe im Untergrund über die Bodenluft in bestehende und neue Gebäude einzudringen. “Das kann die Gesundheit der Menschen gefährden, die dort heute arbeiten und ebenso jene zukünftiger Bewohner:innen, sollte nicht tiefgreifend aufgeräumt werden.”
Einmal mehr fordern die Vereinigung “Ärzte und Ärztinnen für Umweltschutz” (AefU), deren Geschäftsleiter Martin Forter ist, in ihrer Mitteilung eine umfassende und systematische Untersuchung des Untergrunds selber, der Porenluft im Untergrund und der Innenräume.
AUE wimmelt ab
Das für den Vollzug der Altlastenverordnung verantwortliche Amt für Umwelt und Energie (AUE) wimmelt standardmässig jede Kritik an seiner Untersuchungs- und Aufsichtstätigkeit ab. Auch der “Rundschau” sagt Amtschef Matthias Nabholz, dass Klybeck sei mit Sicherheit eines der best untersuchten Areale in der ganzen Schweiz. Das Amt habe die Altlastenverordnung so umgesetzt, wie das Recht es vorsehe.
In einzelnen Fabrikationsgebäuden fanden in den letzten Jahren Veranstaltungen statt. So auch im K90, wo Farben produziert wurden. Inzwischen wurden mehrere Gebäude von den Eigentümern für Nutzungen geschlossen. Der Kanton wusste laut “Rundschau” schon 2019 um diese Risiken. Warum hatte er die Nutzung dieser Gebäude nicht verboten? Schon fast zynisch die Antwort des AUE: “Das Amt für Umwelt und Energie ist für die Belastungen im Untergrund zuständig, nicht jedoch für Belastungen in Gebäuden und das es sich um ein privates Gebäude handelt, ist der Eigentümer verantwortlich …”, zitiert die “Rundschau” das Amt.
“Projekt Butterfly”
Was immer das AUE gegen aussen beteuert: Intern vermittelte die Verwaltung dem Regierungsrat ein anderes Bild. Die “Rundschau” berichtet, dass der Kanton 2018 einen Teil des Areals kaufen wollte und dafür unverbindlich 500 Millionen Franken bot. Zum Kauf kam es bekanntlich nicht – gemäss “Rundschau” wegen der unschätzbaren Altlastenrisiken. Die “Rundschau” zitierte aus einem vertraulichen Verwaltungsbericht zum “Projekt Butterfly”. “Insbesondere die Unterlagen zur Belastung der Gebäude und des Bodens konnten nur gegen Voranmeldung vor Ort im physischen Datenraum eingesehen werden. Es wurden insgesamt mehrere 100 Dokumente zur Verfügung gestellt. Meist wurden darin spezifische Details aufgeführt. … Dokumente, die auf einer mittleren Betrachtungsebene einen Überblick über das Kaufobjekt gewährt hätten, … fehlten hingegen weitgehend. Darum sollte das Angebot unter der Bedingung stehen, dass der Boden des Areals vollständig saniert wird.” Und weiter: “Es kann vermutet werden, dass es der Verkäuferin nicht so sehr um ein transparentes Verfahren ging, sondern eher darum, dem Käufer möglichst alle Risiken vollumfänglich zu übertragen.“
Matthias Brüllmann