Das Hütchenspiel der Immobilienlobby

Sanierung eines Wohnhauses am Claragraben. (Foto: mozaik)

Erstmal nüchtern: Das Wohnschutzgesetz ist nun seit gerade mal zwei Jahren in Kraft. Der Regierungsrat hat eine Verordnung erlassen, Formulare erstellt und die Wohnschutzkommission besetzt. Dieses paritätische Beurteilungsgremium arbeitet seit nun einem Jahr und hat sich mit etwas über 50 Fällen befasst. Öffentlich bekannt ist seine Bewilligungspraxis zu Sanierungen und Mietzinserhöhungen seit rund fünf Monaten. Also alles eine sehr junge Erfahrung. Was sich in den Quartieren zeigt: Der Wohnschutz scheint zu wirken. Renditesanierungen zur Optimierung der Immobilienperformance und dafür notwendige Massenkündigungswellen von Bewohner:innen bleiben aus.

Trotz dieser kurzen Geschichte und gleichzeitig steigenden Zinsen sowie Baukosten (zum ersten Mal seit 2008) weiss es die vereinte Immobilienlobby aber schon wieder besser: Sie überschwemmt die mediale Öffentlichkeit mit unzähligen Einzelgeschichten , droht mit Investitionsstopps und macht einzig den Basler Wohnschutz für den Rückgang im Baugewerbe verantwortlich. Das kann man machen – nüchtern ist das aber nicht. Die bürgerlichen Parteien von Mitte bis Rechts überbieten diese Kampagne sogar noch mit ihren Vorstössen im Grossen Rat. Noch bevor erste offizielle Praxisberichte bekannt wurden, reichten sie Gesetzesanpassungen ein. 

Das ist nichts anderes als ein geschicktes Hütchenspiel. Es werden blind und wild Ursachen behauptet, ohne die effektiven Auswirkungen des mehrfach bestätigten Volksentscheids zu kennen. Berauscht von der medialen Stimmung, ist es der Versuch, das Rad der Geschichte gleich wieder zurückzudrehen und den Ausstrahlungseffekt des Basler Wohnschutzes auf andere Kantone im Keim zu ersticken. Mehr noch, es soll auch in unserem Kanton sofort wieder einfacher werden, die mietrechtlichen Lücken auszunutzen und die Renditen der Immobranche durch Sanierung sowie überteuerter Neuvermietung nach oben zu kurbeln. 

Die Lippenbekenntnisse auf den Podien der vergangenen zwei Jahre sind leider zu durchschaubar; dafür reicht ein nüchterner Blick ins Bundeshaus. Dort zerstückelt aktuell Mitte-Rechts gerade das Mietrecht weiter, damit alles noch einfacher wird.

Ivo Balmer, Grossrat SP

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