Den eigenen Weg finden und Träume verwirklichen

Text und Zeichnungen: Dragica Marcius

Srpski prevod: Mladi ljudi u Malom Bazelu

Jugendliche im Kleinbasel: Was nervt, was wollen sie werden, was wünschen sie sich – eine Nachforschung.

Text und Zeichnungen: Dragica Marcius

Es hat mich neugierig gemacht, wie Jugendliche sich selber einschätzen, was sie persönlich mögen oder nicht mögen und was sie sich für die Welt wünschen. Ich habe einen Fragebogen entwickelt, bin losgegangen und habe Jugendliche auf der Claramatte und auf der Dreirosenmatte befragt. Mit dickem Mantel, Stiefel und Mütze habe ich zwei Interviews draussen machen können. Es war aber einfach zu kalt und so verlagerte ich die Interview-Arbeit nach drinnen. Ich ging ins Dreirosen-Freizeit-Zentrum und in verschiedenen Cafes, in denen ich Jugendliche vermutete. Im Cafe Frühling, in dem man nichts konsumieren muss, am Laptop arbeiten, telefonieren oder mit Freunden reden kann, traf ich einige Jugendliche. Dort war es natürlich wärmer als draussen. Oft entstanden sehr lebhafte, lange und offene Gespräche miteinander. Zusammengekommen ist ein bunter Strauss von Antworten, der in keinster Weise repräsentativ sein will. Die Zeichnungen habe ich aus dem Gedächtnis gemacht.

Name, Alter, Eltern, Geschwister

Die meisten Jugendlichen nannten mir ihren Vornamen oder einen Spitznamen und etwas zu ihrer Wohnsituation. s wollten sie keine abgedruckt haben. Die Jugendlichen  waren zwischen 13 und 25 Jahren. Sie hatten unterschiedliche Hintergründe durch ihre Eltern, die z.B. aus Eritrea, Mexiko, Honduras oder der Türkei kamen. Die meisten lebten in intakten Familien mit Vater, Mutter und Geschwistern. Zum Teil hatten sie Zwillingsgeschwister.

Wie findest du deine Schule oder Ausbildung?

Lucia (20) sagt, dass sie kein Schulmensch sei und daher keine Freude in der Schule hatte. Die 13- und 14-jährigen Jugendlichen Sara und Lewi waren hingegen gern in der Schule, hatten meistens nette Lehrer und tolle Kollegen dort. Laurie (24) und Bruni (20) gefiel die Schulatmosphäre zwar, aber sie fanden die Lehrer zum Teil inkompetent, zu alt und die Konkurrenz zwischen den Schülern war für sie zu gross. Die beiden Musikstudentinnen Lucia und Babette (23 und 24) fanden die Lehrer an der Musikakademie zwar gut, aber die Hauptlehrer völlig unkompetent und in ihren Unterrichtsmethoden zu altertümlich. 

Was machst du gern mit Freunden/Freundinnen?

Sara und Lewi, dreizehn und vierzehn Jahre alt hingen gern bei McDöner ab und gingen gern ins Kino oder soweit es erlaubt war, zum Tanzen. Die meisten älteren Jugendlichen trafen sich gern mit Freunden zum Kaffee, zum Kochen oder Sushi-Machen, um Spiele zu spielen, zum Schlittschuhlaufen, zum Nähen und Handarbeiten, in Bitcoin-Portalen oder in der Disco.

Was magst du am meisten an dir selber?

Dass ich allen eine Chance gebe, sagte mir Bruni (20). Ich bin neugierig, kontaktfreudig und sensibel. Das sagten einige Jugendliche über sich selber. Ich bin fleissig, habe Kraft und Mut erzählte mir im Gespräch Clara (23). Ich bin sensibel und habe viel Empathie berichtet Laurie (23) und ich kann gut singen, erzählt mir der 14-jährige Lewi. Ich bin sportlich, so der 10-Kampf-begeisterte Andri (25). Ich mag alles an mir, so die 13-jährige Sara. Und der 19-jährigen, glücklichen und aufgeschlossenen Lucia gefällt am meisten ihr Bauch.

Was magst du am wenigsten an dir selber?

Ich bin manchmal pessimistisch und ungeduldig (Sara, 13 und Alina, 20). Meine Nase gefällt mir gar nicht und manchmal kann ich ganz schön zickig sein, erzählt die 19-jährige Lucia. Schüchternheit und zu grosse Beeinflussbarkeit, darunter leiden einige Jugendliche und Joshua (21), erzählt, er sei manchmal zu verkopft und oft schüchtern. Lewi (14) findet sich zu klein. Ich bin manchmal zu vertrauensselig (Bruni, 20).

Was wünschst du dir persönlich am meisten?

Den eigenen Weg finden und seine Träume verwirklichen, das ist der Wunsch vieler Jugendlicher. Mehr an sich glauben und positiver denken, das wünschen sich die 13-jährige Sara und der 14-jährige Lewi. Ich möchte gern viel mehr Sprachen sprechen, sagt mir der 25-jährige Andri. Dass mir das gelingt, was ich mir vornehme, wünscht sich die 21-jährige Noemi und mehr an sich glauben können und positiver über sich denken, das wünscht sich die 13-jährige Sara. Ihr 14-jähriger Freund Lewi möchte sich besser konzentrieren können  und in der Schule so gut werden, dass er einmal die Musikakademie besuchen kann. Ich wünsche mir, dass ich mit allen Menschen um mich herum ein erfolgreiches Team werde, sagt der 20-jährige Bruni.

Was nervt dich persönlich?

Ich begreife einfach Mathe nicht, erzählt mir Lewi (14) und ausserdem bin ich immer noch so klein, obwohl ich schon vierzehn bin. Facebook und Social Media findet Laurie (24) einfach doof. Ansonsten sind die Kriterien bei Jugendlichen für das, was sie persönlich nervt, ähnlich: Ignoranz, Arroganz, Egoismus und Kritiksucht, das mögen Jugendliche erst einmal gar nicht. Schlecht über jemanden reden oder Geheimnisse weitererzählen und unhöfliche Menschen finden sie absolut unmöglich. Wenn man zu unsolidarisch ist und andere Menschen nicht unterstützt, sagt Joshua (21). Die SVP mit rassistischen Parolen mag er auch nicht. Wenn Selbstbezogenheit und das eigene Wohlergehen an erster Stelle stehen, darüber regt Andri (25) sich auf. Übertriebenes Gendern in der Spache (z.B. Mensch-Menschinnen) geht der 21-jährigen Noemi, die in Namibia geboren ist, auf den Wecker. Ansonsten sind viele Antworten aus der Frage „Was nervt dich persönlich am meisten?“, identisch.

Was möchtest du später einmal werden?

Joshua (21) möchte später einmal Dramaturg, Lektor oder Kurator werden und Laurie (21) arbeitet darauf hin, eine gute Coloratur-Sopranistin und Musiklehrerin zu werden. Die 13-jährige Sara möchte unbedingt Kinderärztin werden und Kindern in der ganzen Welt helfen, gesund zu werden. Ihr Freund Lewi (14) hingegen will ein ganz berühmter Sänger werden. Die 21-jährige Noemi, die heute schon gerne Handarbeiten macht und schneidert, möchte später einmal Schneiderin werden. Nur schade, dass das immer noch solch ein unterbezahlter Beruf ist, sagt sie. Andri (25) bereitet sich autodidaktisch auf eine Fachprüfung vor. Er möchte entweder Physiker oder 10-Kämpfer werden. An der Physik mag er die breiten Studienmöglichkeiten. Die 20-jährige Alina zieht es zum Soziologiestudium und die 19-jährige Lucia, die heute schon in der Gastronomie jobbt, möchte einen Beruf in der Hotellerie. Bruni (20), der eine Lehre als Pflegefachmann macht, ist gerne auf Bitcoin-Portalen unterwegs und möchte später Finanzunternehmer werden.

Was wünschst du dir für die Welt?

Ich wünsche mir bessere, lebenspraktischere Schulen und Ausbildungen für Kinder, sagt mir Bruni, (21). Dass man sich mir anderen Weltanschauungen und anderen Schicksalen konfrontiert, das wünscht sich Alina (20). Chancengleichheit und Selbstbestimmung für jedes Volk auf der Erde ist für Andri (25) enorm wichtig und Klimaschutz und damit zusammenhängende Armut der Völker, dafür wollen sich Lucia (19) und Sara (13) selber einsetzen. Gute soziale Beziehungen zwischen den Menschen mit mehr Empathie füreinander sind für Noemi und Joshua wichtig, Dazu gehöre auch mehr Harmonie, gepaart mit Respekt zwischen Männern und Frauen. Laurie (24) wünscht sich das Ende aller Kriege auf der Welt, und genug zum Essen für alle Menschen. Und ein Corona-Ende ohne Impfen und freies Reisen in der Welt, das wünschen sich beinahe alle Jugendlichen.