
Zur Nikolauskirche in Oltingen mit den faszinierenden Fresken gelangt man per Postauto ab Bahnhof Gelterkinden bis Oltingen Post.
Hoch über dem Dorf thront die ummauerte Kirchenanlage mit dem gotischen Pfarrhaus und der Pfarrscheune, dem ehemaligen Beinhaus und dem Friedhof: ein alter, sakraler Ort, der einlädt zum Innehalten an diesem bereits zur Römerzeit, besonders aber im Mittelalter häufig benutzten Übergang vom Ergolztal über die Schafmatt ins Mittelland. Hier, auf dem Winterhaldengrat, ist noch das römische Karrengeleis sichtbar. Unzählige Pilger haben den Weg auf ihrer Reise nach Einsiedeln benutzt, und früh schon wurde die dortige Quelle nach dem heiligen Gallus «Gallisloch» benannt.
Durch die Herrengasse gelangt man vom Dorfzentrum aus auf die Anhöhe mit dem offenen Pfarrhof. Schreitet man durch das Mauertor, so meint man, eine andere Welt zu betreten. Still liegt der kleine Friedhof rund um die dem heiligen Nikolaus geweihte Kirche, mit herrlichem Ausblick auf die Umgebung. In das kleine Gotteshaus gelangt man durch das Untergeschoss des Turms auf der Westseite, von dessen Tonnengewölbe die Glockenseile herunterhängen – hier wird noch von Hand geläutet.

Für die Seligen wartet die Himmelspforte – für die Verdammten die Hölle
Im Inneren überrascht eine grossartige Bilderwelt: Fresken, die bei der Renovation in den Jahren 1956/57 entdeckt und freigelegt wurden. Überwältigt steht man vor der Westwand des Kirchenschiffs, über deren ganze Breite das Jüngste Gericht in allen Einzelheiten dargestellt ist. Die Malereien, Ermahnungen an ein des Lesens unkundiges Kirchenvolk, entstanden vermutlich in spätgotischer Zeit, nachdem das Gotteshaus im Jahr 1474 umgebaut worden war. In der Mitte thront auf einem Regenbogen Christus als Weltenrichter, die Arme zum Segen ausgebreitet; ihm zur Seite beten kniend die Mutter Maria und der Lieblingsjünger Johannes – darunter steigen die Toten aus ihren Gräbern. Zur Rechten öffnet Petrus mit dem Schlüssel in der Hand den Seligen die Himmelspforte. Man erkennt unter ihnen Bauerngestalten mit Dreschflegeln und Sensen, einen bekrönten König, einen Bischof mit Mitra und einen Krieger mit Lanze. Auf der Höllenseite, wo ein Teufel die Verdammten mit einer Kette in die Unterwelt zieht, ist ein Papst abgebildet, ein Kaiser, eine Nonne, ein zweiter Bischof, ein Krieger und mehrere Bauern. Links davon schleppt ein weiterer Teufel mit Wanderstab ein Liebespaar in einem Tragkorb in die Hölle.
Unter diesen Darstellungen des Jüngsten Tages ist links das Martyrium des heiligen Erasmus zu sehen, dem die Gedärme aus dem Leib gerissen werden. Auf der rechten Seite sehen wir drei heilige Frauen: Margaretha mit dem Drachen, Dorothea mit dem Kind und Verena mit dem Krug.
Auch vor den übrigen Fresken kann man lange verweilen, beispielsweise vor der Südwand, wo das Leben des Kirchenpatrons, des heiligen von Myra, zu finden ist oder auch im Chor, wo die Marienlegende dargestellt ist.
Herrschaftliche Häuser, zwei ehemalige Mühlen und eine Sägemühle in Betrieb
Oltingen ist eines der stattlichsten und am besten erhaltenen Dörfer des Baselbiets, mit herrschaftlichen Häusern, zwei ehemaligen Mühlen und mit einer noch in Betrieb stehenden Sägemühle. Es ist die letzte, noch voll funktionsfähige Sägemühle der Nordwestschweiz. Wer sie in Funktion erleben möchte, kann sich melden unter Tel. 061 991 04 35 oder 079 388 53 10.
Text: Edith Schweizer-Völker