Grandiose Johannisfeuer zur Sommersonnenwende

Die Fackel brennt! Das Johannisfeuer in Moosch. (Foto: Martin Schulte-Kellinghaus)

Die alte Tradition, die im Elsass vor allem in den Vogesen erhalten geblieben ist, hat in den letzten Jahrzehnten wieder grossen Zulauf bekommen.

Reist man im Frühsommer von Thann weiter ins Tal der Thur, erblickt man auf diversen Hügeln spezielle Holztürme. Berühmt sind die kunstvoll aus Holzbalken bis zu 20 Meter hoch aufgetürmten «Fackeln» auf den vielen Anhöhen des Amarin-Tales. «Fackeln» werden sie hier genannt, denn am Fest zur Sommersonnenwende sollen sie angezündet werden. 

Früher waren die «Conscrits», die Stellungspflichtigen, für den Aufbau verantwortlich. Als es weniger Wehrpflichtige gab, war der Brauch zeitweise ernsthaft bedroht. Doch es finden sich immer Vereine, Jugendgruppen oder Festkomitees, welche die ehrenamtliche Arbeit übernehmen. 

Das Fest findet meist am Wochenende um den 24. Juni, den Johannistag, statt. Tische und Bänke werden auf einer Wiese aufgestellt, ein Ofen für «Flammakuacha» darf nicht fehlen, es gibt Würste vom Grill, vielleicht auch Wildschwein am Spiess, und für Musik sorgt eine Band oder der Diskjockey. Gegen Abend strömen Menschenmengen den Berg hinauf, um am wichtigsten Fest des Jahres teilzunehmen. Wenn es gegen 23 Uhr  dunkel geworden ist, wird die «Fackel» von der Jugend entzündet. Brennt der riesige Feuerturm lichterloh, wird es oft andächtig still in der riesigen Festgemeinde.

In der Schweiz vom 1.-August-Feuer verdrängt

Das Johannisfeuer ist in ganz Europa bekannt, in der Schweiz ist es jedoch durch die um 1890 eingeführten Höhenfeuer zum 1. August verdrängt worden. Beispiele belegen, dass die Feuer früher auch in den Städten, beispielsweise vor dem Rathaus oder auf dem Marktplatz angezündet wurden. 

Der längste Tag des Jahres war schon bei den Völkern des nahen Ostens vor 11’000 Jahren ein bedeutender Termin – in den landwirtschaftlichen Gesellschaften sollte eine gute Feier eine gute Ernte garantieren. Das Licht der Feuer symbolisiert die lebensspendende Kraft der Sonne.  

Weil es der der Kirche nicht gelang, diese alten Sonnwendkulte abzuschaffen, verlegte man im frühen Mittelalter den Festtermin auf den Geburtstag Johannes des Täufers am 24. Juni. Den Evangelien zufolge wurde der Heilige sechs Monate vor Christus geboren. Die Christen haben die beiden Geburtstagsfeste miteinander verbunden, indem sie die Evangeliumsstelle «Er (Jesus) muss wachsen und ich (Johannes) muss abnehmen» (Johanni 3,30) zitieren, die auf den Rückgang des Tageslichts ab dem 21. Juni anspielt. So ist der Johannistag gewissermassen das Gegenstück zu Weihnachten. 

Durchs Feuer springende Conscrits in Soultzbach-les-Bains

Besonders reizvoll ist das Fest in Soultzbach-les-Bains im Münstertal, wo die Conscrits blumengeschmückt durchs Feuer springen. Spektakulär ist auch das «Tanneverbrenne» in Thann, das jeweils am 30. Juni mit einem Feuerwerk auf den Balustraden des Münsters endet. Wer weniger weit fahren möchte, kann das Feuerfest auch in Ensisheim erleben. Weitere Johannisfeuer, auch Bûchers genannt, sind u. a. angekündigt in Bitschwiller-les-Thann, Fellering, Illzach, Kruth, Mollau, Moosch, Oderen, Pfastatt, Ranspach, Richwiller, Saint-Amarin, Urbès, Willer-sur-Thur und Wittelsheim. In Saasheim bei Sélestat (Bas-Rhin) wird gar ein grandioses Schlossgebäude aus Holz in Brand gesetzt. 

Edith Schweizer-Völker und Martin Schulte-Kellinghaus

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