Judith Bachmann übernimmt unzählige freiwillige Aufgaben für die Quartierzeitung mozaik. Mit ihrem Mann Ruedi hilft sie auch mit, dass mehr Bäume und andere Bepflanzungen die Stadt grüner machen.
Bereitwillig zeigt mir Judith Bachmann ihre privaten Räume. Wir setzen uns ins sogenannte «Bäizli», dessen Schaufenster auf die Bärenfelserstrasse geht. Immer winken uns Menschen zu, die vorbeigehen.
mozaik: Judith, erzähle mir doch ein wenig aus Deinem Leben.
Judith Bachmann: Ich bin in St. Gallen geboren und habe ein Lehrerinnenseminar besucht. Als junge Frau heiratete ich einen älteren, österreichischen Buchhändler; wir reisten während fünf Jahren durch Europa. Mit 39 wurde ich Witwe. Im Quartiertreffpunkt Davidseck lernte ich meinen zweiten Mann Ruedi Bachmann kennen. Er war in den 1968er Jahren sehr engagiert in der Arena-Bewegung, die «gesellschaftliche Probleme bewusst machen» wollte. In diesem Bereich wollte ich mich auch engagieren!
Gibt es wichtige Stationen im Leben, für die Du dankbar bist?
Oh ja, zuerst mein Mann Ruedi und dann der Buddhismus. Beide Ereignisse bereichern fortwährend mein Leben. Ich durfte und darf immer weiter lernen. 1999 habe ich angefangen, den Buddhismus mit seinen Methoden der Geistesschulung kennenzulernen. Das war ein grosses Glück für mich, denn diese Arbeit trägt mich durchs Leben.
Lebst Du gerne in der Schweiz?
Ich bin so dankbar, in diesem wunderschönen Land zu leben. Die Schweiz hat Alles: Berge, Ebenen, Seen, Flüsse, Wasserfälle, grosse und kleine Städte… Basel, das Matthäusquartier und die Bärenfelser-Wohnstrasse mit dem Quartiertreffpunkt – das ist meine Heimat, da bin ich seit 35 Jahren zu Hause und fühle mich wohl.
Wie lange wohnt ihr schon in der Bärenfelserstrasse?
Ruedi und ich lebten im ehemaligen Sulzer-Fabrik-Areal in der Bärenfelserstrasse. Nachdem die Firmen ausgezogen sind, wurden die Räume 17 Jahre an «Alternative» vermietet. Ruedi übernahm Organisation und Betreuung der Mieter und den Abwartsposten; ich habe alles «bemuttert». Das Sulzer-Haus wurde zu Wohnungen für junge Familien, Praxen und Ateliers umgebaut. Ruedi und ich zogen ins Haus nebenan. Dort wohnen wir im «Bäizli-Haus». Hinten sind unsere Wohnräume; vorne findet das öffentliche Leben in unserer «guten Stube» statt. Der Raum ist offen für alle. Darin wird nicht gestritten, aber natürlich heftig diskutiert. So ist es ein Treffpunkt für viele Gruppierungen. Wir fühlen uns wie in einer Gross-, besser gesagt in einer Wahlfamilie. Vor Corona gab es einen regelmässigen Mittagtisch für alle. Den wollen wir wieder weiterführen.
Wofür engagierst du dich?
Bei der Quartierzeitung mozaik waren Ruedi und ich von Anfang an dabei. Zuerst half ich Ruedi beim Austragen der Zeitung, dann hatte ich plötzlich die Verantwortung für die gesamte Verteilung, dann wollte der Schlussredaktor mich in der Redaktion; schliesslich sorgte ich während sieben Jahren in der Akquisition für genügend Inserate. Am Ende war ich nicht nur fürs Verteilen zuständig, sondern auch für die Seiten der Kirchen im Kleinbasel.
Ruedi hat sich als Architekt mit Anderen sehr für den Erhalt des Eckhauses Bärenfelserstrasse 28 eingesetzt. Der Eigentümer hat das Haus unbewohnt verlottern lassen, wollte es abreissen und einen grossen Neubau hinstellen. Mit Einsprachen und Appellationen konnte es mit der alternativen Pensionskasse «Stiftung Abendrot» gerettet und saniert werden. Heute beherbergt das Bä28 Familien mit Kindern und Therapiepraxen.
Unsere Vereinigung «Bärenfelser Wohnstrassen-Gruppe» konnte mit anderen Organisationen die Bärenfelserstrasse zur ersten Wohnstrasse der Schweiz umgestalten. Bei all dem habe ich natürlich so gut es ging mitgeholfen. Auch versuchen wir, an verschiedenen Orten so viele Bäume und Bepflanzungen wie möglich zu realisieren. 1995 konnten Ruedi und ich mit anderen Organisationen die Feldbergstrasse in eine duftende Glyzinienallee gestalten.
Was würdest Du gern ändern?
Wasser ist das wahre Gold dieser Erde. Ich würde alles daran setzen, dass man aus Salzwasser Trinkwasser gewinnen kann.
Was macht dich traurig?
«Das nützt überhaupt nichts. Das hat ja so oder so keinen Wert. Die da oben machen ja doch, was sie wollen.» Diese Sätze machen mich traurig. Ich denke, jeder kleine, noch so gute Gedanke hat seinen Wert. Er ist gute Energie, die nie verloren geht. Er wandert irgendwohin und tut dort Gutes. Ein Satz, der mir viel besser gefällt: «Das wenige, das ich machen kann, ist viel!»
Wie erlebst du die heutige Zeit?
Wir befinden uns in einer Entwicklung, aus der wir nicht mehr zurück können. Sie ist für alle eine grosse Herausforderung. Entscheide ich mich dafür, dass alle Lebewesen glücklich sind und kein Leid erfahren müssen, so muss ich zuerst Mitgefühl entwickeln. Entschliesse ich mich für Mitgefühl und damit für die Liebe, habe ich auch Vertrauen in die Heilkräfte der Natur. Ich denke, dass wir Tag und Nacht von guten Kräften umgeben sind. Für mich ist die Absicht dasjenige, was entscheidend ist.
Text und Foto: Dragica Marcius