
Was hinter dem Begriff «Schwammstadt» steckt: mozaik-Autorin Susanne Zeugin sprach mit Diego Mägli von der Stadtgärtnerei Basel.
An einem regnerischen Nachmittag treffe ich Diego Mägli. Er ist von Beruf Bauingenieur und spezialisiert rund um das Thema Wasser, wie beispielsweise Hochwasserschutz, Renaturierungen oder Siedlungsentwässerung. Seit gut einem Jahr arbeitet er für die Stadtgärtnerei Basel-Stadt. Er ist hauptverantwortlich für das Projekt Schwammstadt.
Wir stehen vor dem Schaukasten, der sogenannten «Pocket-Schwammstadt» (eine Art Hochbeet) an der Ecke des Quartiertreffpunktes (QTP) Rosental auf der Erlenmatte. Auf zwei Tafeln wird einfach das Prinzip dieses Schaukastens erklärt.
Susanne Zeugin: Woher kommt eigentlich die Idee der Schwammstadt?
Diego Mägli: Eigentlich kommt diese Idee der sogenannten «Sponge Cities» aus China. Ein starkes Bevölkerungswachstum und eine rasche Urbanisierung führte vermehrt zu Überschwemmungen und Wasserverschmutzungen. Dem entgegenzuwirken wurde das Konzept der Schwammstadt entwickelt. Weltweit wird dieses Konzept in vielen Städten nun umgesetzt, so auch in Basel.
Das Prinzip ist Folgendes:
Infolge Klimawandel steigern sich die Temperaturen immer mehr, was besonders in dicht überbauten Städten bemerkbar wird (Hitzeinseleffekt). Ebenfalls treten vermehrt längere Trockenphasen auf. Gleichzeitig zeigt sich eine Intensivierung der Regenereignisse (Starkniederschläge), die ein grosses Schadenspotenzial aufweisen. Der Niederschlag wird heute grösstenteils via Kanalisation abgeleitet. Somit verschwindet die Ressource Wasser ungenutzt in unterirdischen Infrastrukturen.
Das Konzept der Schwammstadt hingegen verfolgt das Ziel, das verfügbare Wasser durch die Vegetation zu nutzen. Dadurch profitieren z. B. Bäume, und infolge Verdunstung und Beschattung erreicht man ein angenehmeres Mikroklima, wobei letztendlich die Bevölkerung ebenfalls profitiert. Dazu notwendig sind durchlässige, sickerfähige Böden und Grünflächen. Wie dieses Wasser genutzt werden kann, ist bei der «Pocket-Schwammstadt» beim QTP aufgezeigt. Das Regenwasser vom Dach wird in verschiedene bepflanzte Beete verteilt. Das überschüssige Wasser versickert in einen tieferliegenden Wasserspeicher. Von dort kann über eine solarbetriebene Pumpe das Wasser während Trockenphasen für die Vegetation wieder zugeführt werden.

Warum steht dieser Schaukasten gerade hier auf der Erlenmatte?
Die Stadtgärtnerei pflanzte 2024 mehr als zwanzig neue Bäume um den QTP herum. In dem Rahmen wurden wir auf den Standort aufmerksam. Mit der Idee zur Platzierung eines solchen Moduls sind wir beim QTP auf offene Ohren gestossen. Zudem ist der Standort ein gutes Beispiel für die Prinzipien der Schwammstadt. Sickerfähige Böden (Pflästerung mit offenen Fugen) in Kombination mit Bäumen, keine Einleitung von sauberem Regenwasser in die Kanalisation – darum geht es.
Die «Pocket-Schwammstadt» wurde übrigens in Zusammenarbeit mit einer Versicherung entwickelt. Gerade Versicherungen haben ein grosses Interesse daran den immer höher werdenden Schadenssummen infolge Naturkatastrophen entgegenzuwirken. Deshalb leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung.
Was können private Land-und Hausbesitzende machen um das urbane Klima zu verbessern?
Private können einen wichtigen Beitrag leisten wenn z. B. asphaltierte Flächen wie Parkplätze entsiegelt (wasserdurchlässig) werden, beispielsweise mit Rasengittersteinen. Jede Fläche, die vor Ort Wasser aufnehmen und speichern kann, ist wertvoll. Auch begrünte Flachdächer leisten einen wichtigen Beitrag. Dort kann ebenfalls Regenwasser teilweise zurückgehalten werden, und die Flächen lassen sich begrünen (wie z. B. das Dach des Biozentrums, um nur ein Grossbeispiel zu nennen). Aber auch die Pflanzung eines neuen Baumes ist eine sehr wichtige Massnahme. Die Umsetzung solcher privaten Aufwertungsmassnahmen wird über den Mehrwertabgabefonds der Stadt Basel finanziell unterstützt.
Wie wird nun die Idee der Schwammstadt im Grossen umgesetzt?
Im Zuge von Werkleitungs- und Strassensanierungen werden die Projekte hinsichtlich der Umsetzung von stadtklimatischen Verbesserungen geprüft. Dies erfolgt z. B. im Rahmen des Fernwärmeausbaus der IWB. Es werden bei Möglichkeit neue Grünflächen in der Strasse geschaffen und neue Bäume gepflanzt. Auch in den grossen Arealentwicklungen wie im VoltaNord wird das Schwammstadtprinzip integral umgesetzt – in den Strassenräumen wie auch in den neu geschaffenen Grünanlagen Saint Louis-Park und Lysbüchelplatz.
Vielen Dank, Herr Mägli, für Ihre Ausführungen.
Text und Bilder: Suanne Zeugin
Herzlichen Dank Diego Mägli für das aufschlussreiche Interview und für die wertvolle Arbeit zugunsten der Stadt Basel