«Sexualisierte Gewalt»: ein Nachtrag

Eine gute Bekannte, die im Frauenhaus arbeitet, weist mich darauf hin, dass in der letzten mozaik-Ausgabe das Thema «sexualisierte Gewalt» fehle. Da hat sie nicht unrecht. Gerne ergänzen wir. 

Dass Vergewaltigung oder Frauenmord/Femizid mit sexualisierter Gewalt zu tun hat, ist wohl allen klar. Was gehört aber noch dazu? Wie wird sexualisierte Gewalt definiert? Wie erkennen wir das Phänomen im Alltag? Was können wir dagegen tun?

Die Opferhilfe beider Basel sagt es klipp und klar: «Sexualisierte Gewalt ist jede unerwünschte grenzüberschreitende Verhaltensweise mit sexuellem Bezug.» Es geht also um Grenzüberschreitung, um offene oder subtile Druckausübung in sexuellen Belangen. Dabei muss nicht immer körperliche Gewalt angewendet werden. Sondern das Androhen von Gewalt oder von Sanktionen reicht bereits aus. Auch sexuelle Belästigung per E-Mail, SMS oder Telefon gehört dazu. Ebenso sexuelle Übergriffe nach K.O.-Tropfen und in der Öffentlichkeit. 

Gerade viele junge Menschen – vor allem Frauen, aber auch Männer – sind von sexuellen Grenzüberschreitungen stark betroffen und fühlen sich oft weder im Ausgang noch auf dem Heimweg durch unsere Quartiere sicher. Das kann nicht sein, darüber müssen wir alle vermehrt reden, Erfahrungen austauschen, auf Abhilfe sinnen. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Männer nachts die Strassenseite wechselten, um eine vor ihnen gehende Frau von der Angst vor Verfolgung zu entlasten? 

Generell sind wir alle in der Pflicht, Ideen zur Bekämpfung der sexualisierten Gewalt in all ihren Aspekten zu entwickeln. Zuallererst müssen wir sie als solche erkennen lernen. Und wenn wir es schaffen, das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für Situationen zu schaffen, wo Grenzen anderer überschritten werden, sind wir schon mal auf dem richtigen Weg.

Claudia Wirthlin

Opferhilfe beider Basel, Beratungsstelle für Gewaltbetroffene: 

https://opferhilfe-beiderbasel.ch/sexuelle-gewalt

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