Von Edith Schweizer-Völker
Zu entdecken ist Heiligenbrunn, ein von vielen Sagen umwobener Ort.
Man fährt ganz einfach auf der «längsten Tramstecke Europas» mit Tram 10 durch das liebliche Leimental und steigt im Bahnhöfli Leymen (auf französischem Boden!) aus. Steil führt die Rue de la Gare hinunter zur Rue principale, wo man links kurz der Landstrasse nach Liebenswiller folgt und nach der Birsigbrücke eine halbe Stunde bergauf zum Landgut und der Kapelle «Helgenbrunn» gelangt. Eine Landschaft voller Ruhe tut sich hier auf, mit einem wundervollen Ausblick bis hinüber zur Ruine Landskron.
Neben der Kapelle liegt ein Brunnentrog in barocker Form, in dessen Stein die Jahreszahl 1766 eingemeisselt ist. Der Trog erinnert an einen Taufbrunnen, und die Tatsache, dass unweit des Gehöftes sich die Römerstrasse vom Illtal her durch den Wald legt, lässt den Gedanken an eine Taufstätte der ersten christlichen Jahrhunderte aufkommen.
Der Quelle wurden besonders früher wundersame Heilkräfte zugeschrieben. Einer Legende zufolge soll die heiligen Walburga (auch Walpurga genannt) auf der Römerstrasse hier vorbei gekommen sein. Weil sie durstig war, steckte sie ihren Wanderstab in die Erde, und das Wasser begann zu fliessen, hell, klar und sauber wie noch heute, nur dass man jetzt einfach den Wasserhahn aufdrehen kann.
Nach einer anderen Sage lauschte ein blindes Mädchen dem Rauschen der Quelle und wartete auf seine Eltern, die auf dem Feld an der Arbeit waren. Da versiegte das Wasser ganz plötzlich und brach erst wieder hervor, als die Glocke des nahen Liebenswiller zu läuten begann. Aus der Quelle liess sich die Stimme der Heiligen vernehmen, die dem Kind Heilung versprach, wenn es sich mit dem Wasser die Augen auswasche. Die Verheissung erfüllte sich und seither wurde die Quelle zu einem heiligen Brunnen, zu dem man vor allem kranke Kinder herbrachte. Es heisst auch, dass junge Mädchen hier in der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai im Wasser das Gesicht ihres Zukünftigen erblicken konnten!
Von Heiligenbrunn weiss man, dass die Kapelle schon 1359 und ein Bruderhaus mit einem kleinen Gut 1543 bestanden hat. Dieses gehörte den Herren Reich von Reichenstein von der Landskron, die nach der Überlieferung hier ein öffentliches Bad anlegen wollten. Weil die Quelle beim Baubeginn zurückging, verzichtete man auf die Ausführung.
Die heutige, 1682 errichtete Kapelle wurde vom Basler Weihbischof Kaspar Schnorf am 27. Mai 1685 geweiht und erhielt vor allem im 18. Jahrhundert grossen Zulauf. Später geriet der Ort beinahe wieder in Vergessenheit und drohte zu zerfallen. So wurde 1998 in Leymen die Association des Amis du Heiligenbrunn gegründet, die sich um die Wiederbelebung des Quellheiligtums kümmert und die Renovation der Kapelle, auf deren barockem Altar die Statue der heiligen Walburga thront, an die Hand genommen hat. Am 1. Mai zieht man seither wie zu alten Zeiten wieder um neun Uhr von Leymen aus in einer Prozession nach Heiligenbrunn, wo eine Messe gelesen und anschliessend ein fröhliches Fest gefeiert wird.
Weitere Regio-Ausflugsziele, zum Teil ergänzt mit Velo- und Wanderwegen, finden sich auch auf
www.mythische-orte.eu