Überbauungsplan Horburg Dreirosen: Nein

Ein neun- und ein 17-stöckiges Hochhaus auf dem Areal der Werksiedlung der CIBA von 1947. Der Überbauungsplan übergeht die Bedürfnisse des Quartiers.

Als Mieter:innen und Nachbarschaft vom Projekt der geplanten Ueberbauung Horburg Dreirosen erfuhr, war der Planungsprozess abgeschlossen. Das Baudepartement hatte schon längere Zeit mit der CS zusammengearbeitet, ein Wettbewerb und Diskussionen mit der Denkmalpflege hatten stattgefunden. Ein Bebauungsplan soll ein neunstöckiges und ein 17-stöckiges Hochhaus ermöglichen auf dem Areal der Werksiedlung der CIBA von 1947.

Die Informationsveranstaltung der CS fand während der Planauflage (und wegen Corona per Zoom) statt. Die Forderung nach einer Mitwirkung nach  §55 wurde sofort zurückgewiesen. Es handle sich um ein privates Projekt. Ist das umliegende Quartiere wirklich nicht «besonders betroffen», wie es der Mitwirkungsparagraph fordert? Hatte es nicht zum Beispiel bei der Erarbeitung des Bebauungsplanes für das Schorenareal breite Diskussion und Kompromisse gegeben?

29 Einsprachen (resp.Anregungen) von 53 Personen sowie familiea,Oekostadt und dem SP QV Horburg Kleinhüningen wurden eingereicht. Im Ratschlag des Regierungsrates von Juni 2022 wird beantragt, alle Einsprachen zurückzuweisen. 

Weshalb unterstützt das Baudepartement das Verdichtungsprojekt der CS so enthusiastisch und auch so kritiklos, erlaube ich mir zu sagen? Weshalb  sind viele Quartierbewohner:innen so entsetzt über dieses Pläne? Und weshalb sollten vielleicht auch Basler:innen, die wenig Bezug zum äusseren Kleinbasel haben, aufhorchen und sich fragen, welche Interessen und Konzepte der Stadtentwicklung das Baudepartement, aber auch die Regierung als Ganzes vertritt?

Die Regierung hat eine Verdichtungsstrategie beschlossen. Sie hat aber nie auf die Frage geantwortet, wo  und unter welchen Bedingungen Verdichtung sinnvoll ist, und wo vielleicht auch nicht. Die Stadt will wachsen. Sie kann wachsen, die entsprechenden Arbeitsplatz- und Wohnungskapazitäten sind vorhanden, verfügen wir doch über 113 Hektaren Transformationsflächen. Weshalb also im dichtest genutzten Quartier verdichten?  Basel hat auch ein Stadtklimakonzept verabschiedet: Mehr Grünflächen, entsiegelte Flächen, Bäume, gegen die Verschlechterung des Mikroklimas. Die Zone Horburgstrasse und Umgebung ist von der Erhitzung besonders betroffen, die Hitze ist spürbar, Massnahmen dringend. Wo setzt die Stadt die Prioritäten? Oder vielleicht auch: Wer setzt die Prioritäten?

Der Ratschlag ist ausserordentlich eloquent. Es ist viel von Interessensabwägung die Rede. Schattenwurf? Kein Problem, denn er betrifft ja nur die siedlungseigenen Wohnungen, wenn auch substanziell.  Lichteinfallswinkel? Eine Grösse, die in Baueingaben sonst heilig ist. Kein Problem, er betrifft ja nur die Diensträume des Marienhauses. Das Areal ist nicht in der Hochhauszone. Nochmals kein Problem, mit dem Novartis-Hochhaus und dem Hochhaus von Thomi und Frank werde der ehemalige Stadtrand markiert. 

Nun, in der Zwischenzeit wissen wir, dass das Leitbild fürs Klybeckareal auf der «Esplanade» am Rhein einen Hochhauscluster vorsieht. Drängt sich ein einzelnes Hochhaus an der Horburgstrasse da städtebaulich wirklich auf? Wohnungsmix? In den beiden Hochhäusern sollen mehrheitlich Kleinwohnungen gebaut werden, obwohl das Klybeckquartier schon ein Uebermass an Kleinwohnungen hat. Was aus Quartiersicht fehlt, sind bezahlbare Familienwohnungen. 

Die Dienstbarkeit, die bisher eine Überbauung der Freiflächen untersagte, könne aufgelöst werden. Weshalb? Die Bevölkerung ist gleich gross wie damals. Hat sich am Mangel an Grünflächen etwas geändert? Nein. Private wie öffentliche Grünflächen sind Mangelware. Es gehe kein Grünraum verloren, lesen wir. Doch. Zwar relativ wenig in Bezug auf die Menge an neuen Wohnungen, aber die Grünfläche muss mit 150 zusätzlichen Bewohner:innen geteilt werden. Es werden neun grosse alte Bäume gefällt werden. Die Flächen der neuen Gebäude  werden zu einer zusätzlichen Aufheizung in der Umgebung führen. Die mikroklimatische Situation wird sich also sicher nicht verbessern. Ist mit dem Klimakonzept vereinbar, ausgerechnet hier so stark zu verdichten? 

Die vorbildliche und wertvolle Siedlung von 1947 werde geschützt – das soll wohl das Entgegengkommen ans Quartier sein. Ja, die Siedlung wurde unter Denkmalschutz gestellt, wobei  in Vorwegnahme eines  definitiven Entscheides  über den Bebauungsplan  vom Denkmalschutz genau die Fläche, auf der die neuen Bauten gebaut werden sollen, ausgenommen sind. Auch ein «Schutzvertrag» wurde 2021 unterzeichnet. Er  soll die aktuellen Wohnungen sichern , wobei dieser Schutzvertrag innere (Grundrisse) und äussere (Balkone) Veränderungen erlaubt, und also nicht klar ist, wovor die Mieter.innen wirklich geschützt sind.*  

Noch ist der Bebauungsplan nicht bewilligt. Der Bebauungsplan Horburg Dreirosen wird in den nächsten Monaten in der Bau-und Planungskommission behandelt und wird später auch im Grossen Rat diskutiert werden müssen. Ich hoffe, dass die Anliegen des Quartieres, so wie sie in der Infoveranstaltung, in den Einsprachen und in den Gesprächen auf der Strasse formuliert wurden und werden, gehört und berücksichtigt werden. Ich hoffe, dass viele kritische Fragen gestellt werden, sowohl bezüglich des Projektes als solchem, als auch bezüglich den Planungsprozessen. 

Text und Bild: Antoinette Voellmy

* Die Neubauten sollen auf den Teil der Parzelle zu liegen kommen, der der CS (damals die Novartis Pensionskasse) im Rahmen des Baus der Nordtangente in den neunziger Jahren zugeschlagen worden war. War die Dienstbarkeit von 1947 ein Thema  bei den damaligen Verhandlungen? Was wurde an ökologischen Ausgleichsmassnahmen für den Abschnitt Horburg der Nordtangente schliesslich gemacht, und, wer hat beim Landtausch wieviel bezahlt? Die entsprechenden Dokumente sind noch nicht öffentlich, so ist für mich nicht klärbar, ob beim Nordtangentenbau eine Verpflichtung zur Freihaltung der Flächen festgehalten wurde, wie ich es im Quartier immer wieder gehört habe.

Wohnraum als Renditeobjekt

Die Grossbank Credit Suisse und CS-Tochtergesellschaften gehören zu den grossen Immobilienbesitzern in Basel. Auf der Karte sind die 173 Liegenschaften der Credit Suisse, der CS Anlagestiftung RES Commercial, der ACS Anlagestiftung RES Residential, der CS Asset Management AG und der CS Funds AG in Basel eingezeichnet.* Nicht aufgeführt sind weitere Beteiligungen der CS an Immobilienfonds und anderen Anlagevehikeln. Allein im Quartier Rosental besitzt die CS mit 577 Wohnungen 14,2 % aller Wohnungen. 

* Stand Oktober 2022, freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Verein Stadt für Alle. https://stadtfueralle.info/

(HGH)